Cao Dai: Sekte oder Religion?

Farbenfrohe Zeremonie in schrillem Prachtbau

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Rund 95 Kilometernordwestlich von HoChiMinh-City (Saigon), unweit der kambodschanischen Grenze, liegt das Zentrum der Cao Dai. Ob man sie als Religion oder Sekte bezeichnet, mag jeder für sich selbst beurteilen. In jedem Fall sollte man sich einen Abstecher in die Provinz Tay Ninh nicht entgehen lassen. Touristen ist der Besuch der farbenfrohen Gottesdienste in einem der schrillsten Kirchenbauwerke der Welt erlaubt.

Würdenträger sind an den farbigen Gewändern zu erkennen. Zeremonie im Cao Dai-Tempel
















Der Great Tempel auf dem riesigen Gelände der Cao Dai ist nicht zu übersehen. 140 Meter lang und 40 Meter breit wird er von zwei Haupt- und zwei Nebentürmen sowie etlichen Säulen an denFront des Cao Dai-Tempel Längsseiten verziert. Architektonisch handelt es sich um eine Mischung aus Kathedrale, Tempel und Pagode. Norman Lewis soll das stattliche Bauwerk als »das wohl geschmackloseste, vulgärste Gebäude, das jemals gebaut wurde,« bezeichnet haben. Auch Vokabeln wie »Disney« oder »Kirmes-Baukunst« hört man in diesem Zusammenhang oft. Erbaut wurde der Great Temple zwischen 1933 und 1955 als religiöses Zentrum und Sitz des »Heiligen Stuhls« der Cao Dai, auch als »Holy See« bezeichnet.

Die Religion / Der Glaube

Relief am Tempelportal Beim Caodaismus handelt es sich um eine »Universalreligion«, die Elemente aus Buddhismus, Konfuzianismus, Katholizismus und Taoismus sowie Spirituismus vereint. Die Cao Dai-Anhänger glauben an eine Seele sowie an eine höchste Gottheit. Ähnlich der Katholischen Kirche gibt es bei ihnen eine Hierarchie, an deren Spitze ihr »Pabst« steht. Dieser »Heilige Stuhl« ist allerdings seit 1933 unbesetzt. In der Hierarchie folgen Zensor-Kardinal, Kardinal, Erzbisch, Priester, Laienpriester, so genannte »Subdignitaries« und die »Followers«. Verehrt werden neben dem einen Gott, der durch das »göttliche Auge« symbolisiert wird, außerdem Sakyamuni, der Buddha repräsentiert, Lao Tse (Taoismus), Jesus Christus (Christentum), Konfuzius (Konfuzianismus) und Khuong Thai Cong (Geniismus). Dann gibt es drei »Lords of the Earth« (Li Tai Pe, Qan Am Bo Tat und Quan Thanh De Quan). Hinzu kommen Geisteswesen wie etwa Jeanne d’Arc, Victor Hugo und Lenin.

Das Auge ist Symbol der Cao Dai-Anhänger Gegründet wurde der Caodaismus 1919 von dem vietnamesischen Mystiker Ngo Minh Cieu. Der lebte seinerzeit auf der Insel Phu Quoc im Golf von Thailand und soll eine Reihe von Erscheinungen gehabt haben. Die Cao Dai-Anhänger wurden während der kommunistischen Ära verfolgt und waren Repressalien ausgesetzt. Und obwohl sich in jener Zeit ihre Zahl stark dezimierte, überstand ihre Religion. Heute gehen die Angaben über die Zahl ihrer Anhängerschaft weit auseinander. Von rund zwei Millionen bis sieben Millionen Menschen reicht dabei die Spanne. Eine größere Gruppe Anhänger hat sich in Californien (USA) gebildet.

Statuen im Tempelinnern
















Politik des Caodaismus

Einst hatte der Caodaismus etwa vier Millionen Anhänger. Ein Großteil lebte auf dem riesigen Gelände des »Heiligen Stuhls« bei Tay Ninh und bildete quasi einen Staat im Staat. So gab es eine eigene Verwaltung, eigene Schulen und sogar eine eigene Armee, die weite Teile des Südens beherrschte. Wie weit heute der Einfluss der Cao Dai reicht, wird während organisierter Touren zum Tempel in Tay Ninh nicht eindeutig beantwortet.

Die Regeln

Seitenansicht des Cao Dai-Tempel Es gelten strenge Regeln innerhalb der Hierarchie des Caodaismus und während der Zeremonien. Die Cao Dai-Anhänger haben drei Regeln zu befolgen: tägliche Gebete, vegetarische Ernährung zehn Tage pro Monat und die fünf Gebote (nichts Lebendes töten, nicht unehrlich sein, nicht Ehebruch begehen, nicht betrunken sein und nicht mit Worten sündigen) einhalten.

Bestimmte Regeln haben auch die Besucher des Tempels in Tay Ninh zu befolgen. So werden sie höflich aber bestimmt darauf hingewiesen, welcher Eingang zu benutzen ist: Frauen gehen durch den linken, Männer den rechten – ohne Schuhe und in angemessener Kleidung. Es ist erlaubt, außerhalb der Gottesdienstzeiten im Innern des Tempels herumzugehen und zu fotografieren. Während der Zeremonien können sich Touristen auf den Emporen aufhalten und ebenfalls Bilder machen.

Das Tempelinnere

Gemälde im Vestibül des Tempels: Sun Yat Sen, Victor Hugo und Trang Trinh Zunächst betritt man den Tempel durch den jeweiligen Seiteneingang und gelangt ins Vestibül. Dort fällt sogleich das große Wandgemälde ins Auge, das den chinesischen Revolutionsführer Sun Yat Sen, den französischen Poeten Victor Hugo und den vietnamesischen Gelehrten Trang Trinh zeigt. Victor Hugo schreibt gerade die Worte »Dieu et Humanité, Amour et Justice« (Gott und Menschlichkeit, Liebe und Gerechtigkeit) nieder, Trang Trinh tut ihm es in chinesischen Schriftzeichen gleich.

Der eigentliche Tempelraum besteht aus einer Säulenhalle, die in neun Ebenen zum Altarraum hin ansteigt. Diese neun Stufen zum Himmel entsprechen den neun Hierarchien der höchsten Würdenträger. Drachenmotive verzieren die je zwölf bunten Säulen auf jeder Seite. Sie tragen einen gewölbten »Sternenhimmel«. Hinter dem achteckigen Altar mit den Kardinals-Stühlen und dem Pabst-Sitz befindet sich ein großer Globus mit dem (göttlichen) Cao Dai-Auge, dem Symbol für das höchste Wesen.

Die Zeremonie

Täglich um 6, 12, 18 und 24 Uhr findet in dem Tempel eine etwa einstündige Gebetszeremonie statt. Auf der Mittelempore spielen Musiker auf vietnamesischen Instrumenten. Die »Dienerinnen« und »Diener« – zu erkennen an ihren weißen Gewändern – nehmen links und rechts des Tempelmittelschiffs Platz. Die höheren Ränge gruppieren sich auf den verschiedenen Ebenen in der Mitte. Die Gruppen sind durch ihre farbigen Gewänder klar abgegrenzt. Jede Farbe steht dabei für einen bestimmten Zugehörigkeitsbereich: rot tragen die Angehörigen des Konfuzianismus, gelb die Buddhisten und blau die Taoisten.

Informationen:

Weitergehende Informationen über Cao Dai gibt es im Internet zum Beispiel unter folgenden Adressen:

Homepage der Cao Dai-Organisation
Organisation für religiöse Toleranz

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